Konzept der Geschäftsprozesse

GeschäftsprozessGeschäftsprozess

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Ein Geschäftsprozess (Abk. 'GP') beschreibt eine Folge von Einzeltätigkeiten, die schrittweise ausgeführt werden, um ein geschäftliches oder betriebliches Ziel zu erreichen. Im Gegensatz zum Projekt kann der Prozess öfter durchlaufen werden. Ein Geschäftsprozess kann Teil eines anderen Geschäftsprozesses sein oder andere Geschäftsprozesse enthalten bzw. diese anstoßen. Geschäftsprozesse gehen oft über Abteilungen und Betriebsgrenzen hinweg und gehören zur Ablauforganisation eines Betriebs. Diese Definition leitet sich aus den Definitionen von Geschäft im engeren Sinn (wirtschaftliche Tätigkeit) und Prozess her.

Ein Prozess erläutert den Fluss und die Transformation von Material, Informationen, Operationen und Entscheidungen.[1] Eine Spaltung in Teilprozesse, die sich wiederum in Schritte und Aktivitäten gliedern, ist möglich. Außerdem lassen sich Prozesse nach ihrer Fristigkeit, strategischen (langfristig), taktischen (mittelfristig) und operativen (kurzfristig) Prozessen zuordnen. Wichtige Merkmale eines Geschäftsprozesses stellen die Bündelung und Strukturierung funktionsübergreifender Aktivitäten mit einem Anfang und einem Ende, und genau definierte Inputs und Outputs dar.[1] Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Messbarkeit der In- & Outputgrößen. Das Prozesssystem strebt einen Wertschöpfungsprozess an, welcher bezüglich Ressourcenverzehr, Durchlaufzeiten und Qualität optimiert werden sollte. [2] Idealerweise stellt der erzielte Output für das jeweilige Unternehmen einen höheren Wert als der ursprünglich eingesetzte Input dar.

Im Sprachgebrauch wird der Prozess-Begriff für zwei unterschiedliche Ebenen benutzt, meist aber begrifflich nicht unterschieden (Gefahr von Missverständnissen):

  • Als Typ-Begriff: Auf dieser Ebene wird der GP beschrieben, modelliert, dokumentiert etc. Zuständig: Prozessmanagement
  • Als Einzelaktivität: Das konkrete Ausführen des GP im laufenden Geschäftsbetrieb. Dieses 'Geschehen' wird mindestens über die Dimensionen Zeit (Datum, Uhrzeit, von-bis) und Beteiligte (Kunde, Mitarbeiter, Gerät ...) individuell bestimmt.

Beispiel: Der Prozess 'ABC25 - Auszahlen von Bargeld am Automaten' wird einmalig definiert und modelliert, aber täglich hundertfach ausgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Lange beschäftigte sich die Betriebswirtschaftslehre ausschließlich mit der Gestaltung der Aufbauorganisation. Dies führte zu einer Entfremdung vom Kunden sowie zu mangelnder Flexibilität und Schlagkraft am Markt und damit verbundenen Wettbewerbsnachteilen. Deshalb kam es zu einer Fokussierung auf die Qualität im Unternehmen, so dass die Prozessorientierung an Bedeutung gewann. Erste Arbeiten zu diesem Thema wurden 1932 von Fritz Nordsieck, 1960 von Erich Kosiol und in den 80ern von Michael Gaitanides und August-Wilhelm Scheer veröffentlicht. Grundlage für die hier entworfenen Modelle hat Adam Smith bereits 1776 mit An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations gelegt.

Scheer beschreibt einen Prozess als eine Abfolge von Ereignissen und Funktionen. Dabei ist ein Ereignis der Auslöser für eine Funktion oder auch Tätigkeit.

Fritz Nordsieck weist in folgendem Zitat auf die Notwendigkeit einer an Prozessen ausgerichteten Unternehmensgestaltung hin:

„Der Betrieb ist in Wirklichkeit ein fortwährender Prozess, eine ununterbrochene Leistungskette. [...] anzustreben ist in jedem Fall eine klare Prozessgliederung.“ (Nordsieck: 1932).

Nordsieck begründet damit zwar noch kein prozessorientiertes Konzept, bildet aber immerhin die gedankliche Grundlage, denn er erkennt einen abstrakten Betriebsprozess als Grundlage für die Strukturierung der Aufbauorganisation.

Anwendung

Die Methoden zu Anwendung und Management von Geschäftsprozessen werden als Prozessmanagement beschrieben. Mit dem Hilfsmittel der Geschäftsprozessmodellierung werden zur besseren Planung und Steuerung wirkliche Prozesse abstrahiert und verkürzt und als Abbild eines relevanten Abschnittes dargestellt.

Geschäftsergebnisse oder betriebswirtschaftliche Ergebnisse gibt es in allen Unternehmensteilen, sei es im Verkauf, bei der Produktion oder im Controlling. Beispiele sind die Auftragsabwicklung, der Kreditvergabeprozess einer Bank oder die Ausbildung von Studenten in einer Universität.

Administrative und logistische Vorgänge in einem Unternehmen (z.B. Personaleinstellung, Buchhaltung, Wareneingangskontrolle) lassen sich relativ einfach als Geschäftsprozess beschreiben. Ebenso lassen sich Kernprozesse wie z.B. der Auftragsdurchlauf auf abstrakter Ebene gut als Geschäftsprozess abbilden.

Betrachtet man den als Beispiel genannten Auftragsdurchlauf genauer, so zeichnen sich ab einer bestimmten Detaillierungsebene Bereiche ab, in denen eine exakte Beschreibung der Aktivitäten nicht möglich ist. Dies trifft insbesondere bei kreativen Wertschöpfungsprozessen zu, wie sie in der Produktentwicklung vorherrschen. Eine Geschäftsprozessmodellierung mit klaren Vorgaben bzgl. der Aktivitäten und ihrer Reihenfolge ist in diesen Fällen nicht möglich. Die Beteiligten werden vielmehr aufgrund ihrer eigenen Erfahrung und Problemlösungskompetenz selbstorganisierend die erforderlichen Aktivitäten festlegen und durchführen.

Als nachvollziehbare Erklärung, warum sich manche Geschäftsprozesse gut modellieren lassen, andere hingegen nicht oder nur unvollständig, haben Schmitt und Zagel[3] eine Charakterisierung hinsichtlich "Vernetzungsgrad" (Maß für die Anzahl vernetzter Aktivitäten bzw. Akteure) und "Veränderlichkeit der Vernetzung" (zeitliche Stabilität der Prozessbeschreibung) eingeführt. Geschäftsprozesse die sowohl einen hohen Vernetzungsgrad, als auch eine hohe Veränderlichkeit der Vernetzung aufweisen, verfügen (im Unterschied zu anderen Prozessen) über folgende Eigenschaften:

  • zyklisch, iterativ
  • hochdynamisch
  • selbstorganisierend
  • emergent & evolutionär
  • in ihrer Gesamtheit nicht überschaubar

Sie entziehen sich damit den Möglichkeiten der klassischen Geschäftsprozessmodellierung und einer Umsetzung mittels Workflow-Management.

Einzelnachweise

  1. a b Osterloh, Margit/Frost, Jetta (1998): Prozessmanagement als Kernkompetenz – Wie Sie Business Reengineering strategisch nutzen können, 2. Auflage, Wiesbaden. ISBN 3-409-23788-7 S. 31
  2. Spelten, Christoph (1995): Gestalten der Auftragsabwicklungsprozesse, in: REFA – Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e.V. (Hrsg.): Den Erfolg vereinbaren – Führen mit Zielvereinbarungen, München, S. 157
  3. Schmitt, Reinhard; Zagel, Mathias (2009): Geschäftsprozesse der 4. Art Whitepaper

Literatur

  • Erich Kosiol: Organisation der Unternehmung. Gabler, Wiesbaden 1962, ISBN 3-409-88451-3
  • Fritz Nordsieck: Die schaubildliche Erfassung und Untersuchung der Betriebsorganisation. C. E. Poeschel, Stuttgart 1932
  • Michael Gaitanides: Prozessorganisation. Entwicklung, Ansätze und Programme prozessorientierter Organisationsgestaltung. Vahlen, München 1983, ISBN 3-8006-0991-6
  • Peter Heisig: Integration von Wissensmanagement in Geschäftsprozesse. Diss. Technische Universität Berlin, 2005, ISBN 3-00-017244-0

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Geschäftsprozess – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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